North Americans Clearwater, Florida

17.02 - 20.02.2022

Im Bericht über die Midwinters habe ich schon beschrieben, dass einige wesentliche Dinge am Boot anders funktionierten als auf unserem eigenen Boot, mit denen wir würden leben müssen (Heckschotführung, für uns komplett ungewohnte Beschlagsanordnung, um nur das Wichtigste zu nennen). Aber insgesamt funktionierte das Boot nun einigermaßen und wir waren gespannt, was die North Americans bringen sollten.

 

Erstmal stiegen die Temperaturen von den Midwinters bis zu den North Americans deutlich an. So hatten wir nachher bei fast ständiger und nordeuropäerhautverbrennender intensiver Sonne (Höhe südlicher als Kuweit) zwischen 20 und 25 Grad. Was schonmal deutlich angenehmer war als die heftigen Winterstürme, die gleichzeitig mit reichlich Regen über Europa herfielen.

 

Insgesamt sollte sich der positive Eindruck der Orga der Midwinters für die North Americans bestätigt: die Preisverteilung erfolgte sehr kurz nach dem letzten Rennen wie auch insgesamt die Wettfahrtleitung ihr Revier sehr gut kannte, die Bahn immer gut ausgelegt hatte, den Kurs mit den Winddrehungen verlegte und auch mal 4 Rennen an einem Tag startete, obwohl nach Ausschreibung nur 3 vorgesehen waren. Es gab jeden Morgen Bagels mit Käse, Peanutbutter und Marmelade, 2 x Abendessen und zur Preisverteilung noch Pizza, Pasta und Lasagne vor dem Heimweg – der in den USA auch schonmal 55 Stunden dauern kann. Das Land ist halt grooooß. Die Internationalität der Ergebnisliste täuscht übrigens etwas. Die Canadier leben alle in den USA, einer der beiden ist aber eigentlich Pole und auch der Ire lebt in den USA. Allerdings sind nicht alle, die weit weg leben, auch weit gefahren. Howie besitzt den großen 53 Fuß-Anhänger (weiß gar nicht, in welcher Garage er den bei sich parkt) und 9 Crews von der Westküste können immer bequem zu den Ostküsten-Events fliegen – wenn sie ihr Boot zuvor nach San Francisco oder Los Angelos fahren, um dort den Truck zu beladen. Was im übrigen ähnlich wie Container beladen geht. Nur deutlich einfacher, weil je drei Boote übereinander auf ihren Trollys wie in ein Regal auf herausnehmbare Querbalken geschoben werden. Das ganze dann 3x hintereinander (ja, 53 Fuß ist einfach lang genug).

 

Die Renndetails, wen es interessiert: an Tag 1, bei ca. 5 bis 12kn war das ungewohnte Bootslayout gut handhabbar, denn bei wenig Wind werden ja Fehler leicht verziehen. Man hat Zeit Dinge noch einmal zu korrigieren. Problematischer war, dass der Mast nur maximal bis 7,84m gezogen werden konnte und die Holepunkte bei maximal innen immer noch 55cm aus der Mitte waren. Erstaunlicherweise hat uns das nicht über die Maßen zurückgeworfen und wir kamen zunehmend besser mit diesem nicht optimalen Trimm zurecht. Am Ende lagen wir nach 4 Rennen auf Platz 9. Bei einem Boot voll mit Olympiateilnehmern und mittlerweile 6 Weltmeistern am Start keine ganz schlechte Bilanz.

 

Tag 2 hielt dann hin und her wabernden Nebel bereit. So mussten wir trotz herrlichem Wetter an Land bei 12kn nach einem Rennen wieder reinfahren, da der Nebel so dicht war, dass er eine Sichtweite von nur 15m zuließ. Weiter ergab sich an diesem Tag nichts und wir hatten nach einem total abgefuckten Start in dem kurzen Rennen (die Rennen waren generell zwischen 45 und 60 Minuten lang) zu wenig Zeit noch aufzuholen und fielen auf Rang 12.

 

An Tag 3 zeigte sich das Wetter bei Sonne und Wind zwischen 14 und 20kn von unserer absoluten Lieblingsseite. Leider machte sich jetzt das ungewohnte Boot bemerkbar. Wie Mike Martin mit diesem Boot 2009 Weltmeister werden konnte, wurde uns immer unverständlicher. Es war zwar schon seit 4 Jahren nicht mehr in seinem Besitz, aber das generelle Layout war unverändert.

 

Da ist zunächst die Heckschotführung, die uns das Halsen schwer machte. So schwer, dass in Verbindung mit der Anordnung von Schwerkasten, auf dem Boden liegenden Hängegurten, geringerem Gripp des Bodens und verschiedenen Strippen mit zu langen Aufräumgummis ich mich wie auf Seife im Boot bewegt habe, mir die Heckschotführung den Ausleger aus der Hand geschlagen hat und wir uns schön in zwei Rennen je einmal in der Halse auf Platz 8 nachhaltig hingelegt haben. Das daneben Mastfall, Kicker und Wanten nur sehr mühsam verstellbar waren und ständig irgendwas im Weg war, rundete den Segeltag dann noch einmal ab.

 

Fazit bis Tag 3: schönes Revier, tolle Segeltage, aber in einem Boot, an dem alles anders funktioniert als am eigenen (und manches gar nicht), ist schnelles Segeln bei Wind, wo jeder Handgriff sitzen muss, eine echte Herausforderung… Ergebnis: wir fielen zurück auf Platz 15 und fühlten uns unter Wert geschlagen.

 

Die Wiedergutmachung kam an Tag 4. Der Wind hatte abgenommen auf erst 15 dann 10kn, verzieh wieder mehr Manöverschwierigkeiten und wir gewöhnten uns besser an das Boot. Wir hatten zwar noch Speedprobleme, aber der zweite Platz im letzten Rennen zeigte zumindest, dass wir noch lernfähig sind. Wie eng es in dem Feld insgesamt zuging, wenn man mal das A-Feld der Top 5 außen vorlässt zeigt unser 15. Platz in Rennen 10. Bis 100m vorm Ziel in Lee waren wir noch 9. und auf dem Weg nach oben. Einmal 20m zu weit und in den falschen Dreher fahren, kostete uns einen ganzen Pulk.

 

Fazit nach 6 Regattatagen bei Allroundbedingungen: die amerikanische 505er Flotte segelt auf recht hohem Niveau im Mittelfeld und auf sehr hohem Niveau in der Spitze, die deutlich breiter ist als nur die beiden Mikes.

 

Zu den beiden letzten Fotos: links eine typische Kombi in Florida, rechts reichen unsere Segel in unserem Kia Soul bereits einmal gefaltet im Karton von hinten bis fast an die Frontscheibe.